Formkurve
Im Kalenderjahr 2024 ist die Schweizer Nati noch ungeschlagen. Die letzte Niederlage setzte es gegen Rumänien in der EM-Qualifikation im November 2023. Im „Finale“ um den Sieg in der Gruppe I verloren die Schweizer in Bukarest 0:1 und gingen fünf Punkte hinter den Rumänen durchs Ziel. Die beiden Spiele dieser Endrunde beendeten die Schweizer ungeschlagen mit vier Zählern und stehen mit einem Bein im Achtelfinale. Drei Punkte und sechs Tore Vorsprung auf Schottland sollten reichen.
Top Spieler
Granit Xhaka
Der Strippenzieher im Mittelfeld und Kapitän der Schweizer Nati. Absolut ballsicher unter Druck und mit der Qualität, den letzten Pass zu spielen. Zudem agiert der selbstbewusste Doublesieger Xhaka (31/Bayer Leverkusen) resolut im Zweikampf und glänzt hin und wieder mit sehr guten Abschlüssen aus der zweiten Reihe.
Manuel Akanji
Der 28-Jährige ist ein zentraler Innenverteidiger mit gutem Stellungsspiel und Qualität im Aufbau. Wie gut und welche Qualität? Er spielt bei Manchester City unter Pep Guardiola … Akanji gibt der Mannschaft Sicherheit durch seine ruhige Ausstrahlung in der Defensive wie der Offensive. Außerdem verfügt er über ein gutes Kopfballspiel und wird so auch im gegnerischen Strafraum immer wieder gefährlich.
Yann Sommer
Sommer, 35 und seit seinem Abschied vom FC Bayern bei Inter Mailand, dient seinem Team seit vielen Jahren als sicherer Rückhalt und hat seinen Platz im Schweizer Tor dank einer sehr guten Saison in Italien gegen den starken Dortmunder Gregor Kobel behauptet. Sommer hielt in 34 Spielen der Serie A 19 Mal die Null fest und stand nur bei einer einzigen Niederlage auf dem Platz. Bei den beiden bisherigen Gegentreffern der Schweiz ohne Chance.
Worauf muss sich die deutsche Mannschaft einstellen?
Formation
Die Schweiz agiert in einem 3-4-3, wobei es sich bei der zentralen Spitze auch um eine hängende Neun handeln kann. Somit bleibt im Vergleich zu den ersten beiden EM-Spielen unverändert, dass die DFB-Elf gegen eine defensive Fünferkette agieren wird. Mit Xherdan Shaqiri, der sich im Spiel gegen Schottland immer wieder im Mittelfeld zeigte, und Kwadwo Duah ließ Murat Yakin in den beiden Spielen bisher zwei unterschiedliche Stürmer auflaufen. Sonst blieb die Mannschaft gleich.
Besonderheit
Mit Michel Aebischer und Silvan Widmer haben die Schweizer zwei komplett unterschiedliche Außenverteidiger. Aebischer, der in seinem Verein FC Bologna im defensiven Mittelfeld zu finden ist, interpretiert seine Rolle als AV so, dass er sich oft von links ins Zentrum fallen lässt. Damit stellt er den Gegner in der Mitte vor Probleme und öffnet zudem dem gelernten Linksverteidiger Ricardo Rodriguez die Seite, dass dieser andribbeln kann. Widmer ist ein klassischer Schienenspieler, der über die Außenbahn rechts den Weg in die Tiefe sucht, um auch hinter der Kette gefährlich zu werden. Auffällig ist in Zusammenhang mit den Außenspielern: Die Schweizer überladen oft einen Flügel, zumeist den rechten, indem der ballferne Schienenspieler ins Zentrum rückt und der falsche Neuner ins Mittelfeld fällt.
Auf was müssen die Deutschen achten?
Im Aufbau spielt die Schweiz gerne flach heraus und eröffnet mit viel Personal im eigenen Drittel. Wie bereits erklärt, fällt Aebischer oft mit ins Mittelfeld genauso wie der zentrale Stürmer. Dann geht es jedoch meist sehr schnell und vertikal nach vorne. Mit Gegenbewegungen und Steil-Klatsch-Kombinationen schaffen es die Eidgenossen oft, innerhalb weniger Sekunden ins gegnerische Drittel mit Blickrichtung gegnerisches Tor zu kommen. Ihren größten Chancen gingen derartige Situationen voraus. Gegen die Schotten zeigten die Schweizer noch häufiger als gegen Ungarn ein Spiel mit höherem und geduldigerem Ballbesitz, und demonstrierten so die hohe Qualität und Flexibilität des Kaders. Defensiv werden sie die Deutschen voraussichtlich früh und mit hoher Intensität in einem 5-2-3 bzw. 3-4-3 unter Druck setzen. Beide Sechser schieben in dieser Phase immer wieder hoch auf die gegnerischen Mittelfeldspieler, um einen geregelten, flachen Aufbau zu unterbinden.
Wie kann Deutschland zu Tormöglichkeiten kommen:
Der frühe und intensive Druck der Schweizer bietet Deutschland Chancen: Durch die sehr hoch geschobenen Schweizer Sechser ergeben sich große Räume vor deren Abwehrkette. Diese Möglichkeiten kann Deutschland auf zwei Arten nutzen: Zum einen mit einem ballsicheren, spielerischen Typen wie Kai Havertz, der die Räume selbst nutzt, aufdreht und die Bälle im Anschluss verteilt. Oder mit einem zentralen Stürmer a la Niclas Füllkrug. Mit ihm könnte Deutschland die letzte Kette anspielen, um dann nach dem festgemachten Ball mit nachrückenden Sechsern und Zehnern oder nach innen schiebenden Flügelspielern die Klatschbälle aufzunehmen. Eine weitere Erkenntnis aus dem letzten Spiel der Schweiz gegen Schottland ist, dass die beste Phase der Schotten von hohem Pressing geprägt war. Zwar schafften es die Schweizer, sich dank ihrer Klasse trotzdem teilweise zu befreien, aber bei einem noch besser organisierten Pressing, wie dem der Deutschen, dürfte diese Quote sinken.
Prognose
Mit der Schweiz kommt der beste Gruppengegner auf die Deutschen zu. Sowohl individuell als auch taktisch wird die deutsche Mannschaft am Sonntag anders gefordert werden als in den Spielen zuvor. Somit kann die Leistung im letzten Gruppenmatch auch als Gradmesser für das Achtelfinale dienen. Beide Mannschaften werden darüber hinaus alles geben, um den ersten Platz in der Gruppe zu sichern. Denn der Gruppensieger entgeht im Achtelfinale den Gegnern aus der deutlich stärkeren Gruppe B und trifft auf ein Gruppe-C-Team – das dann hoffentlich nicht England heißt. Zum massivsten Problem für die Deutschen kann das schnelle, vertikale Spiel der Schweiz mit schnellen Umschaltmomenten werden. Gerade in solchen Situationen war die Nagelsmann-Elf in der letzten Zeit nicht immer stabil. Allerdings zeigte sie sich zum EURO-Start deutlich gefestigter und ist stark genug, ihrerseits die sich ergebenden Räume zu nutzen und der Schweiz ihr dominantes Spiel aufzuzwingen.