
Der Zehner oder der eingerückte äußere Mittelfeldspieler der Bayern bindet den ballnahen IV der Bayer-Dreierkette. So kann der nicht auf den im Halbraum positionierten Zehner Musiala oder den Außen Olise rausverteidigen. Der AV Laimer muss nun hoch in der Außenspur positioniert sein, um mit Anspiel des Zwischenraums direkt den Lauf hinter die Kette in den Rücken der offensiv verteidigenden Wingbacks von Leverkusen machen zu können. Bekommt Laimer das Anspiel, kann er es entweder so machen wie gegen Bremen beim 3:0 auf Sané, Kane per hohem Anspiel in Szene setzen oder den 90-Grad-Ball von der Grundlinie in den Rückraum spielen wie beim 1:0 der Bayern gegen Kiel.
IFI Pre-Match Analyse Bayer 04 Leverkusen – FC Bayern München
Die Vorentscheidung im Kampf um die Meisterschaft?
- Aktuelle Verfassung und Spielanlage beider Teams
- Rückblick auf das Hinspiel
- Wie kann Spitzenreiter Bayern Titelverteidiger Bayer knacken?
- Aktuelle Verfassung und Spielanlage beider Teams
Die Bayern können mit breiter Brust ins Duell mit dem amtierenden Meister gehen, wenn sich der Blick lediglich auf die Punkteausbeute aus den letzten sieben Liga-Spielen richtet: alle gewonnen, 21 Zähler. Doch in vier dieser Partien siegten die Münchner mit nur einem Tor Differenz und nur dreimal kassierten sie keinen Gegentreffer. Auch unter der Woche in der Champions League bei Celtic zeigten die Bayern keine überzeugende Leistung. Sie offenbarten gleich zu Beginn der Partie Konzentrationsschwächen beim Abseitstor von Nicolas Kühn und mussten in der Schlussphase wacklige zehn Minuten überstehen, in denen ihnen das Spiel zu entgleiten drohte – ähnlich wie beim 4:3 nach 4:0 in der Bundesliga zu Hause gegen Kiel.
Bayer hat als eines der Top-Acht-Teams nach der „Ligaphase“ der Königsklasse sein Achtelfinalticket schon in der Tasche und kann seinen Fokus komplett auf das Bundesliga-Highlight gegen Bayern richten. Leverkusen ist seit dem zweiten Spieltag in der Bundesliga ungeschlagen, muss aber zwei Unentschieden in den letzten drei Spielen verdauen. Auch daheim gegen den Zweitligisten Köln im DFB-Pokal war Bayer in der Defensive anfällig, bewies aber auch Moral und drehte einen Zwei-Tore-Rückstand in einen Sieg nach Verlängerung.
2.Rückblick auf das Hinspiel
Das letzte Aufeinandertreffen im Pokal Anfang Dezember ist kein Gradmesser für die aktuelle Kräfteverteilung im deutschen Oberhaus. Vor allem durch die frühe Rote Karte für Bayerns Torwart Manuel Neuer (17., Tackling gegen Jeremie Frimpong nach einem langen Ball) wurde die Statik des Spiels klar verändert. Bezeichnend ist, dass der amtierende Deutsche Meister Leverkusen auch mit einem Mann mehr kein deutliches Chancenplus verzeichnete, sondern erst ein Kopfballtor „aus dem Nichts“ (69.) durch den kurz zuvor eingewechselten und nur 1,74 m großen Nathan Tella die Entscheidung brachte. Der Blick weiter zurück auf das Hinspiel in der Bundesliga am 28.9.24 zeigt eine eindeutige Tendenz in der offensiven Durchschlagskraft: In puncto Torgefährlichkeit erreichten die Bayern im Vergleich zur Werkself einen mehr als viermal so hohen Wert. Aber: Schlussendlich stand für die Münchner nur ein 1:1 zu Buche. Beide Treffer resultierten übrigens aus Schüssen aus dem Rückraum …
- Wie kann Spitzenreiter Bayern Titelverteidiger Bayer knacken?
Defensive Stabilität
Mit welchen Herausforderungen sehen sich die Bayern in der Defensive konfrontiert? Leverkusen verfügt über Spieler mit herausragenden individuellen Qualitäten – das ist keine Überraschung mehr, von solchen Aussagen wird das Phrasenschwein fett, aber sie sind nun mal zutreffend. Florian Wirtz etwa hat natürlich die Qualität, durch eine Einzelaktion ein Spiel dieser Kategorie zu entscheiden. Mannschaftstaktisch wird es für die Münchner entscheidend sein, das progressive Passspiel der Werkself zu kontrollieren, indem sie früh Druck auf deren Aufbauspiel ausüben. Gleichzeitig müssen sie in diesen hohen Pressing-Momenten darauf achten, den dadurch entstehenden Raum im Rücken der eigenen Innenverteidiger (IV) durch frühes Antizipieren abzusichern. Sonst drohen ähnliche Situationen wie die, die im Pokalspiel zu Neuers Platzverweis führte.
Offensive Durchschlagskraft
Wie knackt Bayern die Defensive von Bayer? Ich gehe davon aus, dass Bayern, wie in den meisten Spielen, deutlich mehr Ballbesitzphasen als der Gegner haben wird. Daraus ergibt sich eine hohe Anzahl an Positionsangriffen, in denen die Münchner Lösungen gegen eine kompakte Defensive finden müssen. Und genau hier liegt der Knackpunkt: Leverkusen ist in der Liga Benchmark in Bezug auf die defensive Stabilität. Um diese Stabilität zu erschüttern, wird ein besonderer Fokus auf der zuletzt deutlich stärkeren rechten Seite der Münchner mit Konrad Laimer als offensivem Außenverteidiger (AV) liegen. Entscheidend wird es sein, in den Rücken der Leverkusener Wingbacks zu kommen und von dieser Position aus die Box zielgerichtet zu bespielen – entweder mit hohen Hereingaben auf den kopfballstarken Harry Kane oder in den Rückraum auf zum Beispiel Jamal Musiala.
Prognose:
Freuen wir uns auf ein Spitzenspiel, das seinem Label gerecht werden wird. Das wird kein torloser Schlagabtausch, bei dem die Bayern aus der deutlich komfortableren Ausgangsposition heraus mit angezogener Handbremse und Blick auf die Tabelle sowie acht Punkte Vorsprung agieren werden. Ihr Anspruch wird es vor allem nach der Heimniederlage im DFB-Pokal sein, dem amtierenden Deutschen Meister seine Grenzen aufzuzeigen und selbst mit einem Ausrufzeichen einen vorentscheidenden Schritt Richtung Titel zu tun.
MARKUS BRUNNSCHNEIDER
Leitung Spiel- und Taktikanalyse, Scouting und Kaderplanung
brunnschneider@international-football-institute.com