Formkurve

Die Spanier dribbelten makellos durch die Vorrunde dieser EM: drei Siege, 5:0 Tore. Und auch nach einem kurzen Schock zu Beginn des Achtelfinales gegen Georgien (0:1 nach 18 Minuten durch ein Eigentor) sicherten sie sich gekonnt und souverän den Einzug ins Viertelfinale. Auffällig: Gegen Georgien machten die Spanier aus ihrer Dominanz auch die entsprechenden Tore, die ihnen gegen Italien und Albanien noch verwehrt geblieben waren.

Top Spieler
Lamine Yamal

16-jähriges „Wunderkind“ und jüngster Spieler einer EM-Endrunde. Der dribbelstarke Stürmer vom FC Barcelona kommt vom rechten Flügel und zieht von dort gerne mit seinem starken linken Fuß nach innen. Dabei sucht er ebenfalls gerne den Doppelpass mit seinen Mitspielern im Zentrum. Dank seiner Technik und Unbekümmertheit geht er wiederholt in Eins-gegen-eins-Duelle. Turnier-Bilanz: zwei Assists nach zwei sehr schönen Flanken.

Rodri

Denker und Lenker im zentralen Mittelfeld der Spanier. Nimmt die Rolle ein, die vor ein paar Jahren Sergio Busquets im spanischen 4-3-3 inne hatte. Der 28-Jährige von Manchester City verteilt die Bälle gekonnt aus dem Zentrum auf die Flügel oder in die Spitze. Rodri taucht wiederholt im Rückraum auf und kommt zu Schüssen aus der zweiten Reihe. Sein Treffer zum 1:1 gegen Georgien beendet 21 nervöse spanische Minuten.

Nico Williams

Ein extrem schneller und flinker Außenbahnspieler, der durch seine Explosivität immer wieder auf Außen durchbricht. Sowohl dann gefährlich, wenn er nach außen geht und mit links flankt, als auch mit Qualitäten beim Weg nach innen und dem Abschluss mit dem rechten Fuß. Bei Kontersituationen zeigt der 21-jährige Stürmer von Athletic Bilbao enorme Zielstrebigkeit in Richtung Tor.

Worauf muss sich die deutsche Mannschaft einstellen?

Formation

Die Spanier agieren in einem 4-3-3 mit einem defensiven Sechser Rodri, der die Schaltzentrale im spanischen Spiel besetzt. Die beiden höher geschobenen Achter Fabian und Pedri bewegen sich sehr variabel im Raum hinter der einzigen Spitze Alvaro Morata. Immer wieder wird es über die beiden Außenbahnen, die sowohl rechts wie auch links mit enormer Qualität bestückt sind, gefährlich.

Besonderheit

Die Spanier spielen in ihrer Formation sehr dominant, wechseln gerne die Seiten und bringen sehr oft ihre Außenbahnspieler in Aktionen, und zwar alle vier.

Auf was müssen die Deutschen achten?

Spanien spielt sehr dominant und verfügt über sehr ballsichere Spieler. In ihren letzten Partien drängten die Spanier ihre Gegner immer wieder tief in deren Hälfte und spielten phasenweise wie im Handball um den Kreis um den gegnerischen Strafraum herum. Bei der deutschen Analyse der „Furia roja“ stehen sicher Lamine Yamal und Nico Williams im Fokus. Beide Spieler sind noch sehr jung – 16 und 21 Jahre alt. Und auch wenn sie fünf Jahre trennen, in der Qualität nehmen sie sich nicht viel. Ihre Mitspieler setzen die beiden Virtuosen wiederholt ein und lassen sie gerne in Eins-gegen-eins-Situationen auf dem Flügel gehen. Dabei ist Nico Williams einen Tick vielseitiger, er kann mit links und rechts Lösungen finden. Ansonsten ist sehr auffällig, wie Spanien nach Ballverlust sofort ins Gegenpressing geht, um schnell wieder Ballbesitz herzustellen. Oftmals erzeugen sie in der gegnerischen Hälfte Überzahl und können so sofort den nächsten Angriff starten. Der Gegner kommt kaum dazu, Luft zu holen.

Wie kann Deutschland zu Tormöglichkeiten kommen:

Gegen Georgien waren die Spanier meist nach Kontersituationen anfällig. Sie ließen Torchancen zu und kassierten nach so einer Aktion auch den zwischenzeitlichen Rückstand. Das ständige Gegenpressing der Spanier funktioniert so gut, weil die ballfernen Spieler extrem einschieben und das Spielfeld sehr eng machen. Deswegen könnte die deutsche Mannschaft aber nach der Befreiung aus dem Pressing die ballfernen Flügel finden und mit Joshua Kimmich, David Raum oder Maximilian Mittelstädt gefährlich vors Tor kommen. Zudem werden die Deutschen den Spaniern Aufgaben stellen, wie es deren bisherige Gegner nicht konnten. Ein hohes Anlaufen der DFB-Elf kann, zumindest phasenweise, dafür sorgen, dass die Spanier nicht in ihr Spiel kommen. Außerdem sollte die deutsche Nationalelf Druck auf Torhüter Unai Simon ausüben und Abschlüsse suchen. Der 27-jährige Keeper von Athletic Bilbao hat in der Vergangenheit wiederholt „Böcke“ fabriziert, man kann ihn zu Fehlern zwingen.

Prognose

Ein Vorteil für Deutschland ist, dass sie mit der Schweiz bereits einen starken Gegner in diesem Turnier vor der Brust hatten. Die Kontrahenten der Spanier trugen bisher das Label „Harmlos“ und fanden kaum Lösungen gegen deren Qualitäten. Beiden Mannschaften kann es entgegenkommen, auf einen Gegner zu treffen, der seine Stärken im Spiel mit Ball hat. Dadurch ergeben sich Räume, die die jeweiligen Ausnahmekicker in den Reihen der Teams nutzen können. Ich erwarte ein sehr ausgeglichenes Spiel, das eventuell durch den Heimvorteil entschieden wird.